Narrenzunft Stegstrecker Pfullendorf

Der Ursprung dieser ikonischen Fastnachtsfigur, gekleidet in einem langen, weißen Hemd und einer weißen Zipfelmütze, ist bis heute umstritten und von zahlreichen Theorien umwoben. Eines ist jedoch klar: Der Hemdglonker ist tief in der schwäbisch-alemannischen Fasnet verwurzelt, wobei Konstanz als seine Heimat gilt.

Foto: Eugen Fischer
Fasnet Pfullendorf Hemdglonker 28.02.2019 – Foto: Eugen Fischer

Eine der ältesten und faszinierendsten Vermutungen verbindet den Hemdglonker mit einem alten Totenkult.

  • Täuschung der Geister: Die weiße Kleidung soll die Gestalt von Dämonen angenommen haben, um diese zu verwirren und zu täuschen.
  • Das Totenhemd: Höchstwahrscheinlich sollte das weiße Hemd an das Totenhemd erinnern. Man erhoffte sich, damit die zur Erde zurückkehrenden Totengeister abzuschrecken und fernzuhalten.
  • Lärm als Schutz: Der ohrenbetäubende Lärm, der alle Hemdglonkerumzüge begleitet – bekannt als Katzenmusik – wird ebenfalls als archaisches Mittel zur Abwehr dieser Geister interpretiert.

In Konstanz, der eigentlichen Wiege des Hemdglonkerumzugs, ranken sich mehrere Geschichten um die Entstehung im späten Mittelalter und in der Neuzeit:

  • Das Gelübde (30-jähriger Krieg): Eine Version besagt, dass die Konstanzer während der schwedischen Belagerung im Dreißigjährigen Krieg gelobten, falls die Stadt verschont bliebe, im Hemd zur Wallfahrt nach St. Loretto zu ziehen.
  • Der Professoren-Spott (19. Jahrhundert): Eine populäre Erzählung datiert den Brauch auf die 1880er-Jahre: Ein Professor titulierte ältere Schüler bei einer Auseinandersetzung verächtlich als „Hemdglonker“ (kleine Kinder). Die beleidigten Schüler organisierten daraufhin in der Fasnachtszeit einen Protestmarsch im Nachthemd. Der Umzug fand so großen Anklang, dass er beibehalten wurde und sich schnell in der Region verbreitete.
  • Die Studenten-Katzenmusik (17. Jahrhundert): Eine weitere Auslegung sieht den Ursprung in studentischen Protesten gegen einen unbeliebten Professor, dem sie Ende des 17. Jahrhunderts zur nächtlichen Stunde ein lärmendes Katzenmusikständchen brachten.

Neben diesen prominenten Geschichten wird der Ursprung auch in verschiedenen jahrhundertelangen Schulfesten vermutet. Es ist wahrscheinlich, dass eine Kombination dieser alemannischen Wurzeln (Totenabwehr) und der Konstanzer Ereignisse (Studentenproteste/Schülerstreiche) die einzigartige Figur im weißen Hemd und der Nachtmütze im Laufe der Zeit geformt hat.

Foto: Eugen Fischer

Hemdglonker in Pfullendorf
Die Definition eines „Glonkers“ ist nicht gerade schmeichelhaft: „einer, der rumhängt und nix taugt“ oder
„ein Mensch, der es mit der Pünktlichkeit nicht so genau nimmt, weil er viel zu bequem ist. Er ist ein
nichtsnutziger Trottel, der sich zu keiner ernsthaften Arbeit aufraffen kann“. Als Fasnetsfigur erfreut sich
der „Glonker“, der im Nachthemd auf die Straße geht, jedoch allseits großer Beliebtheit, „verkehrte Welt“!
Es ist dunkel. Weiß gekleidete Gestalten strömen in Scharen, am frühen Abend des „Schmotzigen
Dunschtig und des Fasnetdienschtig“ durch die Gassen von Pfullendorf! Fast 30 min zieht sich der
Lindwurm vom Obertor bis hin zum Marktplatz. Der Hemdglonker ist mit Krachmachern (Topfdeckel,
Rätschen usw) ausgerüstet und juckt zum Narrenmarsch die Stadt hinab und hinauf! Eine Laterne welche
den mit weißem Nachthemd gekleideten Narren den Weg durch die dunkeln Gassen leiten soll, darf nicht
fehlen! Es ertönt immer wieder Gesang und Gehäul. Zum Finale am Fasnetdienschtig wird das nahende
Ende der Fasnet lautstark durch die Narrenschar „Oh jerom, oh jerom dia Fasnet hot a Loch“ beklagt!
Der Ursprung des Hemdglonkers in Pfullendorf liegt im Dunkeln! Die Wahrscheinlichkeit ist sehr groß, dass bereits im vorletzten Jahrhundert auch in Pfullendorf Personen in Hemdglonkergewändern auffgetreten sind. Jedoch hat der organisierte Umzug eine jüngere Geschichte!